Er hat sich 8 mal den Weltmeistertitel geholt, war 20 mal deutscher Meister, hat eine Silbermedaille und 2 Goldmedaillen bei den Paralympics in Rio de Janeiro gewonnen und ist auch jetzt immer noch auf der Zielgerade.

Hans-Peter Durst, 60 Jahre, Ausdauersportler mit Handicap aus Dortmund.

Hallo Hans-Peter! Du bist in der Dortmunder Sportszene nicht gerade unbekannt! Erzähl uns doch einmal ein bisschen was über dich – den Mann mit dem unstillbaren Durst nach neuen Herausforderungen.

Hallo Hans-Peter! Du bist in der Dortmunder Sportszene nicht gerade unbekannt! Erzähl uns doch einmal ein bisschen was über dich – den Mann mit dem unstillbaren Durst nach neuen Herausforderungen.

Du hattest 1994 einen schweren Verkehrsunfall. Magst du uns vielleicht einmal erzählen, was damals passiert ist?

Es war ein unverschuldeter Unfall auf der Autobahn A44, mit der Erstversorgung im Rot-Kreuz-Krankenhaus in Kassel und dann viele Monate in der Neurologischen Klinik Hessisch Oldendorf – ein großes Glück für mich. Dort wurden meine Unfallfolgen mit ganz viel Geduld, besten Fachkenntnissen und medizinischer Konsequenz so behandelt, dass ich heute meiner Faszination Dreiradsport nachgehen kann.

Welche Beeinträchtigungen hatte dieser zur Folge?

Zunächst einmal lag ich mehrere Wochen im Koma. Nach der Aufwachphase war dann schnell klar, dass ich einige körperliche Einschränkung zurück behalten habe. Ich habe Probleme mit meiner Balance/dem Gleichgewicht. Mein Gleichgewichtsorgan zeigt nicht mehr die Mitte an und so kann ich ohne Hilfsmittel nicht gehen oder laufen. Mein Reaktionsvermögen ist verlangsamt, die Koordination ist eingeschränkt und das Sehfeld nach links ist auf beiden Augen unvollständig. Dazu bestehen einige Bewegungseinschränkungen am rechten Bein nach mehreren Operationen.

Inwiefern hat dieser dein alltägliches Leben und deinen Sport verändert?

So ein Einschlag im Leben verändert nicht das eigene Leben, er verändert einfach Alles.
Nach den 23 Monaten Klinikaufenthalten kam ich zwar in mein gewohntes Zuhause zurück – war aber für meine Frau, meine damals 8 + 10 Jahre alten Kinder, meine Freunde und meinen Arbeitgeber nicht mehr der „Durst“, den sie kannten.

So wollte ich aus meinem Selbstwertgefühl heraus natürlich wieder in mein Büro in der Braustolz Brauerei zurück – ich hatte natürlich das Gefühl, die Mitarbeiter warten auf mich – aus dem Empfinden, ich war doch nur ein paar Tage weg.
Die Selbsteinschätzung ist komplett aus dem Ruder.

So war der gewohnte Ort im eigenen Haus plötzlich ein Stresspunkt – nach dem Wohlfühlumfeld mit klaren Abläufen in der Neurologischen Klinik ungeregeltes Telefonklingeln, Freundesbesuch, Kinder mit Freude und, und, und … ich durfte nicht mehr selbst Auto fahren – ein aus damaliger Sicht gravierender Einschnitt in die Freiheit.

Also es hat so gut wie Alles verändert, es musste also etwas ganz Neues her – dies war in meinem persönlichen Fall dann die Verordnung zu dem Reha-Dreirad meiner Berufsgenossenschaft – der erste gaaaanz vorsichtige Schritt in das neue „2.“ Leben.

An Sport dachte ich in diesen Zeiten nicht – meine vorher mit Leidenschaft neben dem Beruf betriebenen Sportarten war ja nicht mehr zu denken – Zweiradfahren – Tischtennis – Tennis – Golf – Laufen…

Wie hast du dann wieder zurück ins Leben, in den Alltag und in den Sattel gefunden?

Neben der großartigen Unterstützung durch meine Familie und enge Freunde, hat mir auch mein Glaube sehr geholfen. Der Klinikdirektor hatte mir damals dieses Reha-Fahrrad mit drei Rädern verschrieben und obwohl ich mich als Erwachsener anfangs schämte, damit in der Öffentlichkeit zu fahren, war auch das eine sehr große Hilfe für mich. Ich nahm dann auch relativ schnell an den ersten Rennen teil und somit war der Grundstein für ein neues Leben und den Weg zum Paracyling-Spitzensport gelegt.

Du hast zu der Zeit, genauso wie jetzt auch noch, sehr viel Unterstützung von Freunden und Familie erfahren. Viele Firmen und Unternehmen, die mittlerweile deine Partner und Förderer sind, haben dir aber auch geholfen. Was genau macht diese so wichtig für dich und deinen Sport?

Hier erfahren Sie mehr über meine, von mir so sehr geschätzten, Partner und Förderer.

Du hast jetzt schon einige Wettkämpfe gewonnen und Titel bekommen – An welchen dieser Momente erinnerst du dich am liebsten? Was ist eine besonders emotionale Erinnerung?

Da ist sicher noch immer auf Platz 1 meine erste durchstandene Radtouristikfahrt RTF 1999 – erstmals auf dem damals schweren Dreirad über 156 km von Dortmund nach Günne und zurück – der unbewusste Startschuss für mein „2. Leben“ als Radsportler mit Behinderungen. Auf dem Silberrang sicher meine Goldenen Momente bei den Paralympics in Rio 2016 – gemeinsam im Team, mit Familie und Freunden als erfolgreichster Einzelathlet in der Deutschen Paralympischen Mannschaft – Gänsehaut pur.   Den 3. Platz auf dem „Stockerl“ ist meine erste Deutsche Meisterschaft als Paratriathlet – ein inklusiver Wettkampf in Willich-Schiefbahn. Die Herausforderung war 25 m schwimmen, Radstrecke durch ein Wohngebiet und die abschließenden 3 km Laufen über eine holperige Wiese, aber es war einfach so herzlich und wirklich unter Freunden mit Markus Schlüter aus Bochum und Oliver Seemann aus Hamburg auf den Plätzen. Da war der Grundstein des Paratriathlon in Deutschland gelegt.

Wie hat deine Leidenschaft zum Leistungssport begonnen? Wie bist du dazu gekommen?

Zum Leistungssport bin ich zwar erst nach dem Unfall gekommen, aber davor war ich trotzdem auch schon leidenschaftlicher Sportler. Ich habe Tischtennis und Tennis im Verein gespielt, habe gegolft und bin auch da schon sehr gerne Fahrrad gefahren. Nach meinem Unfall habe ich dann, wie gesagt, dass Radfahren mit dem Reha-Fahrrad begonnen und ich habe angefangen immer mehr zu üben. Da ich mich anfangs überhaupt nicht wohl mit der Situation fühlte, als 37 jähriger Mann auf einem Dreirad zu fahren, ist meine Frau auf die geniale Idee gekommen mit mir an die Ruhr zu fahren. Dort hatte ich nämlich die Möglichkeit zu üben und zu trainieren, ohne von anderen Familienmitgliedern, Freunden, Kindern oder Nachbarn erkannt zu werden. Dann erhielt ich nach kürzester Zeit auch schon ein Angebot an einem offiziellen Trainingslager des Deutschen Behindertensportverbandes auf Mallorca teilzunehmen.

Kannst du uns beschreiben, was genau dir der Sport bedeutet?

In der ersten Zeit in meinem „2. Leben“ war der Sport für mich eine sehr gute Möglichkeit wieder soziale Teilhabe leisten/haben und mobil sein zu können. „Du kannst mehr, als du denkst!“, „Geht nicht, gibt’s nicht!“ – das ist eine Botschaft, die ich heute an andere Betroffene, deren Angehörige und auch an deren Umfeld weiter geben möchte und diese Möglichkeit ist mir mit dem Sport zum Glück gegeben.

Auf welches sportliche Ereignis freust du dich gerade/in der nächsten Zeit besonders?

Meine zukünftigen Events, Wettkämpfe usw. könnt ihr hier einsehen.

Was planst du für die Zeit nach deiner sportlichen Karriere?

… möchte ich mich als …

Und zum Schluss: Welche 3 Fakten über dich, kannst du uns noch ganz spontan verraten?

  • Mein Lieblingsessen ist der selbstgekochte Graupeneintopf meiner Schwiegermutter.

  • Ich habe ein Rennen in Rio gewonnen, obwohl mir auf einer Strecke von 15 km schon nach 500 Metern der Sattel abgebrochen ist und ich die Strecke im Stehen fahren musste.
  • Meine Ehefrau Ulrike und ich haben uns damals in der Margarethenkapelle in Barop kennen gelernt. Heute sind wir 34 Jahre verheiratet und haben zwei tolle Kinder.